Über das Verlieren und das Gewinnen
von
Cornelius J.P.G. Tarnai
1. Oktober 2017, Eysölden
In meinen jungen Jahren darf auch ich schon von alten Weisheiten reden, in welchen es über das Verlieren oder Gewinnen geht – welch Gunst und zugleich welchen Mut, mir doch hier unser Herr und Schöpfer erwies, Amen.
Während ich nun gerade mal 31 Jahre von meinen 100 Jahren auf der Welt verbracht habe, also um genau zu sein drei Zehntel meines gesamten Lebens, habe ich gelernt, dass das Verlieren von Dingen im Leben dazu gehört, wie das Amen in die Kirche. Das philosophisch Schöne am Verlieren ist jedoch, dass mit jedem Verlust ein Gewinn einhergeht. Überlegen wir uns dies, so bieten verlorene Dinge, dem neuen Platz – Das Ying & Yang.
Wir können während unseres Daseins vieles verlieren, seien es, ein Spiel, ob der Liebe oder einen Gegenstand. Wir können unseren Körper verlieren, unseren Geist, unsere Gliedmaßen, es gibt nichts auf der Welt, was vor dem Verlust geschützt ist. Unsereins kann immer, überall etwas verlieren. Selbst die verschiedensten Adjektive davorgesetzt, wie: einzigartig, wichtig, unglaublich, schön, usw. – eines steht fest, egal wie fest wir an etwas halten und wie wichtig es uns erscheint, wenn wir es verlieren, schmerzt es und die Welt scheint unterzugehen.
An diesen Punkt unterscheiden wir Menschen uns nicht voneinander, jeder Verlust schmerzt. Hier kann man der König von England sein oder ein Bettler aus Afrika – der Stellenwert entscheidet. Für den Bettler in Afrika stellt bereits ein verlorener Cent einen herben Verlust dar, worüber der König nur schmunzeln kann. Hingegen lächelt der Bettler nur darüber, wenn er alles verliert.
Die Betrachtungsart und die Verbundenheit sind jene Dinge die uns beim Verlust von Dingen, entweder in den Wahnsinn treiben oder nur müde darüber lächeln lassen. Wer leidet denn nun am meisten? Hoffnungsvollen Eltern die ihr geliebtes Kind verlieren? Der verliebte der die Liebe seines Lebens verliert? Der, der seinen geliebten Gegenstand verliert? Jener der das Augenlicht verliert? Jeder ist es. Denn was für den einen ein unwichtiger oder unverständlicher Verlust ist, stellt für den anderen sein Lebensinhalt dar.
Der Blickwinkel ist es, der darüber entscheidet und die Position aus denen wir etwas betrachten, ob wir leben oder sterben. Ob wir überhaupt über andere urteilen sollten, was jemand für wichtig oder unwichtig hält? Ich glaube nicht. Jeder trägt sein Paket und sollte zunächst vor seiner Haustür kehren, bevor er den Stein auf einen anderen wirft. Wir sollten eher für den anderen das Verständnis aufbringen und mit ihm fühlen. Ein urteilsfreies, glückliches Leben, taxiert auf die Dinge die einen glücklich machen, ist so viel mehr Wert, als beim unnötigen urteilen über Eigenschaften anderer oder unglücklichen Situationen, auch nur eine Sekunde zu verschwenden, die das eigene Lebensdasein trüben würden. Erfreuen wir uns lieber am Klang des Vogelgezwitschers, als das wir uns über drei ungehobelte Jugendliche im Park echauffieren. Danken wir der Sonne, für ihre wärmenden Strahlen, als das wir uns negativ geblendet fühlen. Nehmen wir mit Gelassenheit die Meinung anderer hin und freuen uns aus derer Betrachtung die Weisheit zu ziehen, die uns weiterbringt, als das wir Kopflos gegen argumentieren. Nehmen wir Verletzungen nicht als Hindernis zur Ausführung von lieb gewonnenen Hobbys, sondern freuen wir uns darüber, die sich nun neuauftuende Hemisphäre erleben zu dürfen. Nutzen wir die Zeit zu überlegen, was wir mit der neu gewonnenen Zeit nun anfangen können, um z. B. schon immer aufgeschobene Dinge jetzt machen zu können, da nun das zunächst verlorene Hobby, Platz für neues schafft.
Worauf bringt uns diese Exkursion zum urteilsfreien Blickwinkel? Hierzu, dass Verluste dann schmerzen, wenn wir die gelöste Verbindung auf eine bestimmte Art und Weise für wichtig hielten.Verluste schmerzen immer – jedoch ist die Lösung vom starren Blickwinkel die Möglichkeit, die uns unser Geist bietet, um einen Verlust hinzunehmen oder daran zu verbittern und daran zugrunde zu gehen. Wenn wir unseren Geist nicht mobilisieren und einen Grund hinter einen Verlust finden ist der Wahnsinn und damit der Untergang vorprogrammiert. Doch genauso können wir uns einstellen und unsere Gedanken in eine Richtung lenken, in welchen der Verlust einen Sinn ergibt – einen höheren Grund bekommt. Der Glaube, seien es, das Universum, Allah, Jesus Christus oder sonstige übernatürlichen, unerklärliche Phänomene, der sterblichen Welt, weswegen wir einen Grund erhalten um mit dem Verlust, wenn auch mit Wehmut oder Trauer, handeln zu können.
Die Richtung unseres Lebens gibt uns unser innerer Kompass – der Sinn, die Hoffnung und der Glaube nordet ihn.
Wenn wir nun verstanden haben, dass nur unsere Gedanken den Platz für neues freigeben können, dann sind wir auch soweit zu verstehen, dass verlorenes Raum schafft für Neues.
Ein verlorenes Spiel und der Kummer darüber, verschaffen Platz für den Ehrgeiz, für das nächste Training härter zu trainieren, um das folgende Spiel zu gewinnen. Vielmehr noch, die Akzeptanz darüber, verleiht uns den Gewinner zu ehren.
Der Verlust von wichtigen Menschen, schafft einen Raum für neue Menschen, doch sind die Verlorenen für immer im Herzen und somit immer bei einem, egal wo und wann.
Gegenstände, materielle Dinge, wechseln den Besitzer, sei es der Dieb der sich nun an seiner Beute bereichert oder die Erde die den Gegenstand wieder rechtmäßig zu sich nimmt, aus dem er entstanden ist. Der verlorene Gegenstand, so wertvoll er auch monetär oder ideell gewesen war, ist nur eine Farce unserer Gedanken zu unserem eigentlichen, kurzen Sein auf dieser wunderschönen Welt.
Jeder Verlust schmerzt und verlangt Trauer, doch darf er nicht zur Verbitterung und zur Wehleidigkeit führen. Lassen wir aus dem Verlust, Mut und Zuversicht erwachsen und bereiten uns auf die nächsten Aufgaben des Lebens vor! Denn wer erkennt, dass das Verlieren nur ein Gewinn ist, der wird mit Andacht verlieren und mit Demut die Zukunft gewinnen.
Cornelius J.P.G. Tarnai
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